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Die Wettbewerbsfähigkeit Mittelhessens
wird sich beweisen müssen

Karte zum Europäischen Wettbewerbsfähigkeits-Index 2019, Ausschnitt und Blick auf Festland-Europa
Karte zum Europäischen Wettbewerbsfähigkeits-Index 2019, links: Ausschnitt für Mittelhessen (fetter Rahmen), rechts: Blick auf Festland-Europa

Die Voraussetzungen dafür sind gut: Wettbewerbsfähigkeit der Region liegt im oberen Fünftel der EU – um 5 Punkte seit 2016 verbessert und jetzt auf dem 40. von 268 Plätzen

Durch die Auswirkungen der Coronakrise muss sich die Region Mittelhessen derzeit massiv anpassen und erneut beweisen, dass sie mit einem fundamentalen Wandel zurechtkommt. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch gut, wie eine Standort-Studie der Europäischen Region zeigt: Im Wettbewerb der Regionen hat sich Mittelhessen in den vergangenen Jahren auf Platz 40 von 268 Regionen etabliert und ihren Wert in drei Jahren um 5 Punkte auf 80.58 verbessern können. Das geht aus einem Bericht der Europäischen Kommission zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Regionen (EU Regional Competitiveness Index, RCI) hervor, der alle drei Jahre aufgelegt wird. Spitzenreiter und Referenz bei der Wettbewerbsfähigkeit in der EU ist dem Bericht zufolge die schwedische Region Stockholm mit 100 Index-Punkten. In Deutschland belegt Mittelhessen demnach Platz 12 von 37 Regionen, während sich die Region Oberbayern (94,2 Punkte) hier den ersten Platz vor Hamburg (90,05) und der Rheinmain-Region (88.83) sichern konnte.

Die Autoren des Index, den die EU im Nachklang der Finanzkrise 2010 das erste Mal auflegte, berücksichtigen in ihrer Einschätzung über 70 Indikatoren und werten dabei verschiedenste Quellen aus - beispielsweise Daten der Weltbank, der Statistikämter, aber auch wissenschaftliche Erhebungen. Die entscheidenden Faktoren sind dabei die Qualität der regionalen Institutionen, makroökonomische Stabilität, Infrastruktur, Gesundheit, Grundausbildung, Hochschulbildung, Effizienz des Arbeitsmarktes, Marktgröße, technologische Bereitschaft, wirtschaftliche Ausdifferenzierung und Innovation. In den wichtigen Bereichen „Innovation“ sowie „Hochschulbildung und lebenslanges Lernen“ zeigt sich Mittelhessen im RCI überdurchschnittlich im Vergleich zum Rest Deutschlands.

Netzdiagramm für die Indikatoren des Wettbewerbsfähigkeitsindex' für die EU (blau), Deutschland (rot) und Mittelhessen (grün), Quelle: Interaktives Netzdiagramm der Europäischen Kommission.
Netzdiagramm für die Indikatoren des Wettbewerbsfähigkeitsindex' für die EU (blau), Deutschland (rot) und Mittelhessen (grün), Quelle: Interaktives Netzdiagramm der Europäischen Kommission. Das Diagramm kann angepasst werden, dort gibt es auch ein Kartentool für die einzelnen Regionen.

Mittelhessen lag 2019 in allen Dimensionen über dem EU-Durchschnitt, der Indexwert stiegt von 75.6 (2016) auf 80.58 (2019). Besondere Fortschritte machte die Region in den vergangenen Jahren demnach in den Bereichen „Effizienz des Arbeitsmarktes“ (9 Punkte Steigerung), „Ausdifferenzierung der Wirtschaft“ (11 Punkte Steigerung) und „Marktgröße“ (26 Punkte Steigerung). Beim letzten Merkmal kommen das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen und das potenzielle Mark-Volumen zum Tragen. In Deutschland liegt Mittelhessen damit bei diesen Kennzahlen gleichauf mit Münster, Koblenz und dem Großraum Berlin, die ein ähnliches Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf aufweisen. In Europa zeigen die Region um Budapest, das niederländische Zeeland, die Toskana und die Rhone-Alpen-Region eine ähnliche Performance.

Der Index von Mittelhessen entspricht in zwei der drei Hauptgruppen des Index‘ – Basis, Effizienz und Innovation – dem der Bundesrepublik Deutschland, die sich gegenüber 2016 um einen Indexpunkt verschlechtert hat. Auch Mittelhessen hat seit 2016 nicht nur hinzugewonnen: in den Bereichen Punkte Gesundheit, allgemeine Bildung, Infrastruktur und Technologische Bereitschaft gab es Verluste, wie der RCI offenbart: Ins besonders bei Gesundheit und Technologischer Bereitschaft liegen die heimischen Unternehmen und Institutionen damit unter dem deutschen Mittel. Insgesamt hat die Region aber andere Stärken und Schwächen entwickelt als noch vor vier Jahren und entspricht nahezu dem hessischen RCI von 80,71 Punkten.
Mittelhessen ist in der momentanen Situation durch seine besondere Struktur - viele produzierende und verarbeitende Unternehmen – besonders betroffen. In der Finanzkrise vor etwas über zehn Jahren hat sich die Wirtschaft schnell erholt und sogar zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen; wie das nach der Corona-Krise der Fall sein wird, ist noch offen. Viele Betriebe haben jedoch gezeigt, wie beeindruckend schnell sie ihre Produktion auf Desinfektionsmittel, Schutzmasken oder sogar innovative Beatmungsgeräte umstellen können. Jens Ihle, Geschäftsführer der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH, erklärt: „Das ist eben auch eine Stärke der Region: Tüftler aus den Hochschulen und hoch-innovative, schnelle und produktive Mittelstands-Firmen kämpfen gemeinsam gegen den Coronavirus, so zügig, intelligent und vielversprechend, wie kaum woanders!“ Auch in der Digitalisierung gab es in den letzten Monaten und Wochen viel Bewegung, das könne auch nach der Coronakrise nutzen. Wie sich die oft internationalen Wertschöpfungsketten auf den Absatzmärkten verändern, ist ebenfalls noch offen. Doch vielleicht ist der Branchenmix in der Region Mittelhessen gerade eine Stärke: neben der Metall-, Elektro- und Automobilzulieferungs-Industrie dominieren Optik, Pharma und Medizinwirtschaft, die zumindest zum Teil zu den Gewinnern gerechnet werden können. Ihle ergänzt: „Mittelhessen hat in seiner langen Wirtschaftsgeschichte schon einige Wandel durchmachen müssen und auch dieses Mal werden sich Unternehmen nach der Corona-Krise auf neue Produkte oder neue Märkte ausrichten müssen. Als regionale Wirtschaftsförderung tun wir alles, um zusammen mit unserem Netzwerk den Wandel zu begleiten, Akteure zu vernetzen und so der Wirtschaft zu helfen.“