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Mehr als 300 Teilnehmer beim
2. Innovationsforum Mittelhessen

Rainer Schwarz, Prof. Dipl.-Ing. Heinz Kraus und Prof. Dr. Markus Pfuhl (im Uhrzeigersinn beginnend links oben) sprachen mit dem Moderator Benjamin Stuchly und zu den Fernsehkameras im sonst leeren THM-Studio (Foto: Tilman Lochmüller)

Online-Format bietet interaktiven Austausch über die Chancen der digitalen Transformation

„Innovationskultur als Motor der Strategieentwicklung“ – unter diesem Motto setzte das 2. Innovationsforum Mittelhessen am 3. März 2021 frische Impulse zur digitalen Transformation im regionalen Mittelstand. Das digitale Format bot den über 300 Teilnehmern ein abwechslungsreiches Programm mit zahlreichen Höhepunkten und wertvollen Impulsen für transformative Prozesse im eigenen Unternehmen. Während der Vormittag vor allem von den zentralen Keynotes und einer Podiumsdiskussion geprägt war, konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Nachmittag zwischen drei Ideenwerkstätten mit interaktiven Elementen auswählen.

Das diesjährige Event war des 2019 gestarteten Regionalmanagement-Projektes „Ökosytem Digital-Gründung-Innovation Mittelhessen“ (DiGIMit) und wurde von der Hessen Trade and Invest (HTAI) unterstützt und der Europäischen Region aus dem Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert. Den Hintergrund der zweiten Ausgabe 2021 bildete jedoch die gegenwärtige Corona-Krise.

In seiner Begrüßung machte Rainer Schwarz, Aufsichtsratsvorsitzender des Regionalmanagements Mittelhessen und Präsident der IHK Gießen-Friedberg, deshalb die Auswirkungen der Krise für den deutschen Mittelstand deutlich: Auf der einen Seite werden Budgets für Investitionen in vielen Branchen knapper, auf der anderen Seite sind digitale Geschäftsmodelle einmal mehr auf dem Vormarsch und erfordern ein Umdenken auf allen Ebenen. Schwarz will die gegenwärtige Krise aber ausdrücklich als Chance verstanden wissen, eine digitale Innovationskultur im eigenen Unternehmen zu etablieren.

Auch Dr. Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, brachte in einem kurzen Grußwort ein zentrales Thema der Veranstaltung auf den Punkt: „Der Austausch zwischen Wirtschaft und Forschung sowie zwischen Gründern und etablierten Unternehmen ist für eine lebendige Innovationskultur essenziell.“ Dafür sei es notwendig, Dinge auszuprobieren und Misserfolge wertzuschätzen, um in Zukunft schneller zum gewünschten Ergebnis zu kommen.

„Work hard, have fun, make history.“ Diesen Leitgedanken von Amazon-Gründer Jeff Bezos wählte Prof. Dipl.-Ing. Heinz Kraus, Vorstand der Stiftung für angewandte Forschung, Innovation und Transfer der TH Mittelhessen, zur Einstimmung auf die Veranstaltung: Am Anfang jeder Innovation steht harte Arbeit. Dabei sei es wichtig, nicht nachzulassen und dranzubleiben, wenn sich erste Erfolge einstellen. Kraus: „Wer hätte geglaubt, dass ein Unternehmen, das Bücher digital verkauft, zum Global Player Nummer 1 wird?“ Was man als kleines mittelständisches Unternehmen daraus lernen kann? Für Kraus ist es die Ausrichtung des gesamten Unternehmens auf die Kundenzufriedenheit. Dafür müssten etablierte Unternehmen bereit sein, Innovation zu leben, alles in Frage zu stellen und sich ständig zu verändern.

Es folgte der erste Höhepunkt des Events: Mit Dr. Rupert Stützle, Partner bei McKinsey & Company, konnte das Innovationsforum einen hochkarätigen Redner aus der Wirtschaft für die diesjährige Veranstaltung gewinnen. Am Beispiel der Automobilindustrie zeigte Stützle anschaulich, vor welchen Herausforderungen hinsichtlich der Digitalisierung viele deutsche Unternehmen gerade stehen. Seine zentrale Botschaft: Wir erleben gerade einen Paradigmenwechsel von einem Hardware-zentrierten hin zu einem datengetriebenen und Software-zentrierten Technik-Markt. Diese Entwicklung haben Unternehmen wie Google und Apple erkannt, die den Mobilfunk-Markt nach dem Prinzip “The winner takes it all” übernommen und ein etabliertes, Hardware-zentriertes Unternehmen wie Nokia verdrängt haben. Ähnliches könne auch der deutschen Automobilindustrie drohen, die mit Tesla einen Konkurrenten habe, der die Software in den Mittelpunkt stellt. Laut Stützle sei dies der Grund, dass Tesla an der Börse viel besser bewertet wird als deutsche Autofirmen wie BMW oder VW: „Tesla wird als Tech-Firma bewertet und nicht als Autohersteller.“ Mittelständische Unternehmen sollten auf diese Entwicklung reagieren, indem sie ihren Markt genau analysieren und Herausforderungen mit dem Willen zur Veränderung annehmen. Auch Kooperationen mit Startups hält Stützle für ein geeignetes Instrument, um innovative Prozesse anzustoßen und neue Ideen und Talente in das eigene Unternehmen zu integrieren.

Dieser Gedanke schuf eine perfekte Überleitung zum nächsten Höhepunkt des Events: Prof. Dr. Markus Pfuhl, Chief of Staff & Strategy bei der Viessmann Group, zeigte in seiner Keynote, wie man transformative Prozesse in einer volatilen Welt auf vielfältige Art und Weise im eigenen Unternehmen anstoßen kann. Als Schlüsselbegriff diente ihm dazu das Schlagwort der Co-Creation, also der Prozess, gemeinsam mit Mitarbeitern und anderen Unternehmen Innovationen voranzutreiben. Vorstellbar sind hier z.B. Kooperationen mit Startups oder mit anderen Unternehmen, um gemeinsam Lösungen für gemeinsame Probleme zu entwickeln. Als Beispiel führt Pfuhl das innovative Projekt “Maschinenraum” an, in dem die Viessmann Group sich mit anderen Unternehmen zusammengetan hat: „Wir sind überzeugt: eine wichtige Voraussetzung für Innovation ist der Austausch. Deshalb bringen wir den deutschen Mittelstand im Innovations-Ökosystem ‘Maschinenraum’ zusammen, um Erfahrungen zu teilen und von- sowie miteinander zu lernen. Wir glauben an die Kraft des Kollektivs, um Organisationen individuell zu stärken.“ Wichtig ist für Pfuhl der unternehmerische Wille zur Veränderung und vor allem zur offenen Kommunikation mit anderen Marktteilnehmern. Das Potenzial der Co-Creation schätzt er entsprechend hoch ein, was auch der abschließende Appell seines Vortrags verdeutlicht: „Let’s co-create the next generation of Mittelstand!“

Für Abwechslung sorgten die Inputs zweier Transfer-Akteure aus der Region: Prof. Dr. Michael Stephan sellte „StartMiUp“, das Startupnetzwerk der drei mittelhessischen Hochschulen vor, Dr. Peter Stumpf, Geschäftsführer der TransMIT GmbH, die Gesellschaft für Technologietransfer.

Viele der bisherigen Schlagworte fanden auch Eingang in die anschließende Podiumsdiskussion mit Annika Trappmann von der Blechwarenfabrik Limburg GmbH, Sabine Fremerey-Warnecke von der Auto Müller GmbH, Felix Bonn von der Nolta GmbH sowie Manuel Rupp von der weLOG GmbH. Im Zentrum der abwechslungsreichen Runde standen Fragen an die mittelhessischen Mittelständler nach ihrem Umgang mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie und welche Rolle Innovationen im eigenen Unternehmen spielen. Wie schon in den vorherigen Beiträgen wurde von der Runde die unternehmenseigene Einstellung als zentrale Voraussetzung für eine lebendige Innovationskultur genannt. Zu nennen wären hier vor allem ein offenes Mindset, eine kommunikative Ausrichtung und der Wille zu Transparenz und Kooperation in Cluster-Netzwerken. Alle Teilnehmer betonten zudem die hervorragende Unterstützung durch regionale Netzwerke und die lokale Wirtschaftsförderung.

In den Workshops am Nachmittag hatten die Teilnehmer dann Gelegenheit, sich zu drei Fokusthemen zu informieren und aktiv einzubringen. Mit insgesamt mehr als 100 Beteiligten wurde auch dieses Angebot von den Teilnehmern sehr gut angenommen. Die Ergebnisse der Workshops wurden in einem Wrap-Up von den einzelnen Moderatoren zusammengefasst.

Im Workshop von Andreas Lukic von den “Business Angels Mittelhessen” ging es beispielsweise vor allem um die Frage: Wie kann ich, als typischer Mittelständler, den Anfang machen, um mich bei Startups als Investor einzubringen. Ein Beweis für die Fruchtbarkeit der Runde: Für das Netzwerk der Business Angels in Mittelhessen konnten weitere Mitglieder unter den teilnehmenden Unternehmen gewonnen werden.

Im Workshop von Dr.-Ing. Phillip Rabenau, Innovations- und Technologieberater von der IHK Hessen innovativ, ging es um den Menschen als Mittelpunkt einer digitalen Zukunft. Hier stand vor allem das Arbeiten im Generationenmix im Zentrum sowie die Erkenntnis, dass eine Kombination aus erfahrenen, älteren Mitarbeitern und einer jüngeren Generation, die Lust auf Neues hat, wünschenswert ist, um den Übergang ins digitale Zeitalter unternehmensintern sinnvoll voranzutreiben.

Im Workshop von Dr. Detlef Terzenbach, Projektleiter Innovationsunterstützung und Startups des Technologielandes Hessen, drehte sich alles um das Thema Daten: Wie kann man den Prozess der Datengewinnung im Unternehmen verankern? Welche Potenziale schlummern in bislang noch ungenutzten Daten – und eröffnen sie möglicherweise neue Geschäftsmodelle? Die sehr rege Teilnahme am interaktiven Format bewog das Team um Dr. Terzenbach sogar dazu, in naher Zukunft einen Termin zur Fortsetzung des Workshops zu finden.

Jens Ihle, Geschäftsführer des Regionalmanagements Mittelhessen, bewertete in seinem Abschiedsgruß das Innovationsforum und seine digitale Premiere als vollen Erfolg. Die Voraussetzungen in Mittelhessen für einen vielversprechenden Wandel seien vorhanden und an fehlenden Bausteinen würde gearbeitet. In diesem Sinne beschloss er das Innovationsforum Mittelhessen 2021 mit einem Appell zu Mut und Unternehmertum: „Arbeiten Sie weiter mit an der Lernmaschine Mittelhessen, um die Innovationsfähigkeit weiter zu erhalten.“ Sein Dank galt der THM, die mit ihrer Technik das Online-Event ermöglicht hatte, dem Medienpartner HR Info und transquer als Agenturpartner.