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Wenn die KI
beim Recruitment hilft

Nicht nur KI stand im Mittelpunkt: Sven Herchenhein sprach beim Webmontag bei Milch & Zucker über "Innovationen & Geschäftsmodelle für den Mittelstand" (Foto: Tilman Lochmüller)

Regionalmanagement Mittelhessen trifft Webmontag Gießen

Bei der zweite Kollaboration des Regionalmanagements Mittelhessen mit der Startup-Initiative Webmontag Gießen nach dem Auftakt bei "Netzwerk Wirtschaft trifft Webmontag Gießen" vor nicht ganz einem Jahr drehte sich am vergangenen Montag einiges um Künstliche Intelligenz (KI). Beim Recruitment-Spezialisten Milch & Zucker in Gießen sprachen die Gastgeber Dr. Olena Linnyk und Ingolf Teetz über den Einsatz von KI in ihrem Unternehmen, Oliver Bracht von der eoda GmbH berichtete unter dem Motto "Abseits des Hypes" darüber, wie der Mittelstand von Künstlicher Intelligenz profitieren kann und Webmontag-Macher Sven Herchenhein von der efec AG gab in diesem Zusammenhang einen Überblick über Innovationen und Geschäftsmodelle. Annähernd 70 Anmeldungen hatte das Regionalmanagement für das Event zu verzeichnen, bei dem als Gast Regierungspräsident und Mittelhessen-Vorsitzender Dr. Christoph Ullrich die einleitenden Worte sprach.

Milch-&-Zucker-Geschäftsführer Ingolf Teetz gab den Teilnehmern in den vollbesetzen Räumlichkeiten des Unternehmens im Gewerbegebiet Gießen-West danach zunächst einen Überblick über die Geschichte der Künstlichen Intelligenz (KI) und ihre Grundprinzipien. Im Mittelpunkt standen dabei künstliche neuronale Netze und maschinelles Lernen, die insbesondere bei der Bilderkennung einen hohen Stand erreicht haben. „Das kann KI mittlerweile“, sagte Teetz – wenn auch zuweilen noch nicht ganz fehlerfrei. Bei Milch & Zucker gehe es allerdings weniger um Bilder und mehr um Texte: „Fernziel“ sei es, aus wenigen Informationen komplette Stellenanzeigen erstellen zu lassen. Bereits jetzt verbessert die Künstliche Intelligenz Texte in vielen Fällen – aber noch nicht perfekt, wie Dr. Olena Linnyk von Milch & Zucker sagte. „Wir sprechen daher eher von Augmented Intelligenz“.

Zu den Funktionen, die diese „AI“ in diesem Umfeld leisten kann, zählen zum Beispiel das maschinelle Übersetzen von Text, die automatische Erkennung von Sprache, das Identifizieren von Synonymen und das Gendern von Texten. So sei es vorher schwierig gewesen, automatisch in Job-Anzeigen Bezüge zwischen verschiedenen Bezeichnungen des gleichen Berufs herzustellen. Auch die Erfolgsaussichten von Texten in Job-Börsen im Vergleich zur Konkurrenz lassen sich mit Hilfe neuronaler Netzwerke berechnen. „Wir packen das in einen Score“, sagte Linnyk. In Zeiten des Fachkräftemangels helfe die KI so, den Recruitment-Prozess zu optimieren. Nächster Schritt sind Chatbots: Mit CATS (Chatbots in Applicant Tracking Systems), ein vom Land Hessen gefördertes Forschungsprojekt, wird an der Hochschule RheinMain in Kooperation mit Milch & Zucker die Integration dieser künstlichen Gesprächspartner ins Bewerbermanagement untersucht.

Künstliche Intelligenz für den Mittelstand im Fokus: Dr. Olena Linnyk (oben rechts), Ingolf Teetz (unten links) und Oliver Bracht (unten rechts) (Foto: Tilman Lochmüller)
Künstliche Intelligenz für den Mittelstand im Fokus: Dr. Olena Linnyk (oben rechts), Ingolf Teetz (unten links) und Oliver Bracht (unten rechts) (Foto: Tilman Lochmüller)

Sven Herchenhein machte in seinem Beitrag über „Innovationen und Geschäftsmodelle für den Mittelstand“ deutlich, dass im Zuge der Digitalisierung Software zunehmend von Services abgelöst wird. „Das ist der nächste Schritt“, sagte Herchenhein, der sich mit seinem eigenen Unternehmen auf mobile Anwendungen und Services für Veranstalter spezialisiert hat. Als Beispiel nannte er unter anderem Anbieter von Heizungsanlagen, die neben der Hardware auch Services zur Anlagensteuerung anbieten. Oder den Sportartikel-Hersteller adidas, der in einer Roboterfabrik mit Hilfe von 3D-Druckern für jeden Kunden individuelle Schuhe herstellt. Herchenhein riet Unternehmern, ihre Geschäftsmodelle zu prüfen und durch Services zu erweitern. Voraussetzung sei dabei unter anderem, die eigenen Kunden gut zu kennen und den eigenen Daten-Pool optimal zu nutzen.

Wie ein solcher „Datenschatz“ auch mit Hilfe von KI gehoben werden kann, erläuterte Oliver Bracht vom Data-Science-Unternehmen eoda. Das auf diese Weise gewonnene Wissen sei wichtig – um Prognosen zu treffen, Prioritäten zu setzen und Zusammenhänge zu erkennen. Als Beispiel nannte er den Moderversandhändler Zalando, der mit Hilfe einer KI entscheide, welchen Kunden ein Kauf auf Rechnung angeboten wird. In vielen Betrieben „verstecken sich die Daten aber ganz gut“, sagte Bracht. Meistens seien sie ursprünglich nicht erhoben worden, um irgendwann analysiert zu werden. Um diese oft heterogenen Informationsschnipsel in Beziehung zu setzen, hilft Data Science – auch unterstützt von maschinellem Lernen. Bracht verdeutlichte aber auch die Grenzen der KI, die noch „weit davon entfernt ist, wirklich intelligent zu sein“. Denn Erkennen von Kontext, Kreativität und Transferleistungen blieben vorerst noch dem Menschen vorbehalten.