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Wie die Digitalisierung
das Management verändern wird

Norbert Müller, geschäftsführender Inhaber der advacon GmbH & Co. KG, bei seinem Schlüsselvortrag in der Spie-Akademie (Foto: Regionalmanagement Mittelhessen / Tilman Lochmüller)

Regionalmanagement informiert gemeinsam mit HTAI und advacon über die Herausforderung durch die Digitalisierung für das Management in Unternehmen

„Die Digitalisierung soll dem Menschen dienen und nicht der Mensch der Digitalisierung.“ Mit diesen Worten begrüßte kürzlich Christian Flory rund 80 Teilnehmer zur Veranstaltung "Führung 4.0 – Wie die Digitalisierung das Management verändert" in der Gießener Spie-Akademie. Flory, Leiter der Geschäftsstelle „Digitales Hessen“ der Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI), moderierte das vom Regionalmanagement Mittelhessen gemeinsam mit der advacon GmbH & Co. KG organisierte und von der HTAI unterstützte Event. Zentraler Punkt des nachmittäglichen Treffens in den umgewandelten Fabrikgebäuden im Leihgesterner Weg war der leidenschaftlich präsentierte Schwerpunktvortrag von Norbert Müller, geschäftsführender Inhaber der Beratungsfirma advacon. Er beschrieb, wie Digitalisierung das Management in den Unternehmen vor neue Herausforderungen stellt. Der Kern: „Führung muss mehr motivieren und weniger kommandieren.“

Führung 4.0: „Mehr motivieren, weniger kommandieren“

„Digitalisierung und Globalisierung verändern Geschäftsmodelle, Arbeitsformen und Marktbedingungen in einem früher nie für möglich gehaltenem Tempo“, sagte Müller. Der Schlüssel zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit in diesem Umfeld liege in der Unternehmenskultur, für die das Management verantwortlich sei. „Digitalisierung ist keine Chefentscheidung, sie muss von allen im Unternehmen getragen werden.“ Dazu trage eine „Kultur des Vertrauens“ bei, die Feedback ermutige, Freiräume ermögliche und für die Mitarbeiter spürbar sei. „Das weckt Lust auf Leistung.“ Den Chef sieht Müller in diesem Zusammenhang in der Rolle des Coaches eines Teams, das zu gleichen Teilen aus „Aufbruchswütigen, Freiheitsliebenden und Bewahrern beziehungsweise Regelungswütigen“ bestehe. Die große Führungsherausforderung bestehe darin, diese Gruppen gemeinsam zum Ziel zu bringen.

Norbert Müller bei seinem Schwerpunktvortrag (Foto: Regionalmanagement Mittelhessen / Tilman Lochmüller)
Norbert Müller bei seinem Schwerpunktvortrag (Foto: Regionalmanagement Mittelhessen / Tilman Lochmüller)

Wer hier die Führung übernehmen wolle, müsse das Talent haben, durch seine Kommunikation „glaubwürdig Sinn zu vermitteln, Zustimmung, Vertrauen und Optimismus zu erreichen“, sagte der Berater. Wichtig sei es, den Mitarbeitern zuzuhören und ihnen das Gefühl zu geben, an den Früchten ihrer Arbeit beteiligt zu sein. „Soziale Intelligenz ist die Grundlage für gute Führung“, betonte Müller. Auf diese Weise berücksichtige das Management auch das veränderte Wertesystem der „Generation Y“ im Wettbewerb um Arbeitskräfte. Diese Generation der zwischen 1980 und 2000 geborenen „Millenials“ bevorzuge sinnstiftende Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzen und „ein auf Teamarbeit ausgerichtetes Arbeitsumfeld“. Zudem sei für sie die Möglichkeit wichtig, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, und eine gute Work-Life-Balance zu haben.

In der anschließenden Podiumsdiskussion debatierten neben Müller Robert Gies (123 Agile), Martin Lacroix (Metrify), Andrea Potsch (Hedrich GmbH) und Prof. Dr. Anita Röhm (Technische Hochschule Mittelhessen) unter der Moderation von Christian Flory (Hessen Trade & Invest) die verschiedenen Aspekte des Themas und stellten sich den Fragen des Publikums. „Teams müssen die Veränderung wollen“, beschrieb Gies seine Erfahrung. Dabei müsse die Führungskraft eine mehr „dienende“ Funktion haben. Und: „Aus solchen Veränderungsprozessen entstehen auch immer wieder neue Geschäftsmodelle und Innovationen.“ Martin Lacroix empfahl unter anderem, die Qualität der Führung zu messen. Durch Befragungen ließen sich so gute Indikatoren ableiten, die zum Beispiel auch feststellen, ob das Unternehmen sein Innovationspotenzial abrufen kann oder ob die bestehende Kultur und Führung diese hemmt. Gestärkt werden müsse auch „die Feedbackkultur“, fügte Lacroix hinzu. Das ist auch für Müller wichtig: „Fehlende Transparenz führt zu Gerüchten, das führt zu Unsicherheit und schlechter Stimmung und dann geringe Motivation.“

Podiumsdiskussion mit Vertretern von Unternehmen, der Hochschule und Experten (Foto: Regionalmanagement Mittelhessen / Tilman Lochmüller)
Podiumsdiskussion mit Vertretern von Unternehmen, der Hochschule und Experten (Foto: Regionalmanagement Mittelhessen / Tilman Lochmüller)

Andrea Potsch, Personalleiterin bei der Hedrich GmbH, berichtete über Managementerfahrungen aus ihrer Praxis; dort werden zum Beispiel Rentner als Erfahrungsträger bei innovativen Projekten eingebunden. „Das Zusammenwirken der Generationen ist herausfordernd, hat aber auch viele, Chancen.“ Wichtig sei, die unterschiedlichen Erwartungen der Mitarbeitergruppen und Generationen zu berücksichtigen, sagte Potsch. Die jungen Mitarbeiter würden durch spannende Projekte motiviert. „Sie sollen Neuland betreten und sich ausprobieren.“ Wenn das Projekt voranschreite, werde die Erfahrung der älteren Generationen eingebunden. Prof. Anita Röhm von der Technischen Hochschule Mittelhessen sieht ebenfalls neue Anforderung an die Führung: Diese müsse individueller und schneller sein sowie dem Einzelnen mehr Eigenverantwortung zuweisen – und all dies „orchestrieren“, sagte die geschäftsführende Direktorin bei StudiumPlus. „Dies erleben wir auch bei unseren Studium Plus-Studierenden: wir vermittlen die Grundlagen in unseren Modulen, die praktische Anwendung ist jedoch ein großer, herausfordernder Gesamtkomplex.“

„Vor zwei Jahren haben wir begonnen, uns mit dem Thema der neuen Arbeitswelten auseinanderzusetzen“, sagte Jens Ihle, Geschäftsführer des Regionalmanagements Mittelhessen. Nach vielen Gesprächen, Workshops und Vorträgen sei er sicher, dass die Arbeitgeber Kultur und Führung verändern und weiterentwickeln müssen. Nur so entstehe Motivation, Innovation und für die Region Zukunftsfähigkeit. „Wir sollten das Thema deshalb in Mittelhessen gemeinsam angehen.“